CyLaw-Report XXXIII: „Strafbarkeit von „Abo-Fallen“- Betreibern am Beispiel der „kostenpflichtigen“ Vermittlung des Zugriffs auf eigentlich kostenlose Software (Freeware)?“

Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 05.03.2009 – Az.: 5/27 Kls 3330 Js 212484/07 KLs – 12/08 – ; Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 04.08.2008 – Az.: 93 C 619/08 und Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.07.2003, Az.: I ZR 259/00 (2/2010)

Dieser CyLaw-Report beschäftigt sich mit der (umstrittenen) Strafbarkeit von Internetseitenbetreibern, die „kostenpflichtig“ den Zugriff auf Freeware (kostenlos downloadbare Software) vermitteln. Typisch ist, dass die Anbieter dieser Vermittlungsdienste ein Entgelt unter der Begründung eines „Abonnements“ verlangen. Weil die Software auf den Seiten der Hersteller kostenlos downloadbar, mit der Verlinkung der Internetseiten-betreiber aber „kostenpflichtig“ wird, hat sich der Begriff „Abofallenbetreiber“ eingebürgert. Das „Pech“ des in die Abofalle Tappenden ist also, dass er die Herstellerseite nicht als Erstes gefunden und aufgesucht hat. Typisch ist, dass – wer auf die Seiten der „Abofallenbetreiber“ gelangt – sich vor dem Download der Software registrieren muss. Die Verbraucher, die sich registriert haben und dann mittels Verlinkung den eigentlich beim Hersteller/Anbieter kostenlosen Download in Anspruch nehmen, werden mit Rechnungen und (rechtsanwalt-lichen) Mahnungen überzogen. Darauf hinzuweisen ist, dass die Seite der „Abofallenbetreiber“ bisweilen nur versteckt einen Hinweis enthält, dass es sich um eine „kostenpflichtige“ Vermittlung (Abonnement) einer Downloadoption handelt. Nach Ansicht des „Abofallenbetreibers“ besteht seine Leistung in der Vermittlung des Kontakts zur Seite des Herstellers – und unterstützt wird diese Auffassung durch Google-Adword-Links: Gerade über Google Adwords werden Verbraucher auf solche „Abofallenhomepages“ geleitet. Nach Ansicht von Herstellern/Anbietern von kostenloser Software handelt es sich bei der „Vermittlungsleistung“ der „Abofallenbetreiber“ um wettbewerbswidrige Ausnutzungen ihrer Marktchancen sowie strafbare (wirt-schaftliche) „Verwertung“ ihrer Software.
„Abofallen“ beschäftigen nicht nur die Staatsanwaltschaften und Gerichte, sondern auch die Medien. Die aktuelle Brisanz dieses Themas zeigt die große Zahl der Strafanzeigen gegen die Betreiber und der Beschwerden bei den Verbraucherzentralen. Allein eine Sucheingabe bei Google mit dem Begriff „Abo-Falle“ führt zu 654.000 Ergebnissen. Auch besteht das Bestreben der Staatsanwaltschaften die Frage obergerichtlich klären zu lassen.
Dieses „Geschäftsmodell“ – die (versteckt) „kostenpflichtige“ Vermittlung des Zugangs zu Freeware – ist ein Massengeschäft, weil eben doch einige abgemahnte Verbraucher für den „Vermittlungsdienst“ zu einer auf einer anderen Homepage kostenlos angebotenen Software zahlen. Intimidationsstrategien wie Anwalts-schreiben und Drohungen mit einem Schufa-Eintrag motivieren zur Zahlung. Wobei es auszureichen scheint, dass „nur“ eine geringe Zahl der betroffenen „Abonnenten“ die Jahresgebühr für die Nutzung der Internet-seiten zahlten. Die Abofallenbetreiber machen sich die Vorteile des Internets zunutze, indem sie mit vergleichsweise geringen Kosten für die Erstellung und den Betrieb der Internetseiten eine sehr große Zahl von Nutzer erreichen. Ferner bieten sie Software an, die von den meisten PC-Nutzern nachgefragt wird und z.T. zum Öffnen bestimmter Dateien – etwa Adobe Reader für pdf-Dateien – benötigt wird. Hinzu kommt, dass diese Software zumeist tatsächlich als Freeware auf den Herstellerseiten angeboten wird, so dass viele Nutzer davon ausgehen, dass sie stets kostenfrei angeboten wird. Hervorzuheben ist, dass die Software, die zum Download angeboten wird, nicht auf den Seiten des „Abofallenbetreibers“ gehostet wird, sondern der Download durch Verlinkung mit der Homepage des Softewareanbieters (und/oder Herstellers) erfolgt. Die Hersteller der Freeware selbster sind zum Teil sogar dazu übergegangen, auf ihren eigenen Homepages Warnhinweise vor „Abofallen“ aufzustellen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Verbraucher in ihrem zivilrechtlichen Kampf gegen (anwaltliche) Mahnungen und Mahnbescheide allein gelassen werden sollen, oder sich die Strafverfolgungsbehörden um den Schutz „leichtfertiger Klicker und Downloader“ im Cyberspace kümmern sollen. Aus strafrechtlicher Sicht stellt sich die Frage nach der Reichweite des Betrugstatbestands (§ 263 StGB).
Das OLG Frankfurt wird zu prüfen haben, inwieweit es der sofortigen Beschwerde (vom 11. und 16.3.2009) der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (vom 5.3.2009) stattgibt. Inzwischen hat das Amtsgericht Marburg (Urt. v. 8.2.2010 Az. 91 C 981/09 (81) – das völlig anderer Ansicht als das LG Frankfurt ist – entschieden, dass nicht nur der Betrug durch den „Abofallenbetreiber“ zu bejahen ist, sondern auch der Rechtsanwalt der „Abofallenbetreiber“ für die außergerichtlichen Anwaltskosten der „Abofallenopfer“ entschädigungspflichtig ist (weil der Anwalt als Organ der Rechtspflege bei der Geltendmachung der Abo“forderungen“ Beihilfe zum Betrug des Abofallenbetreibers leiste).
Darüber hinaus sah sich auch der Gesetzgeber zum Tätig werden veranlasst, der am 26.03.2009 das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“ beschlossen hat und den Opfern von Abofallen ein „Widerrufsrecht“ bestätigt hat.
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Schmid, Viola/ Ilie, Stefan
Veröffentlichungsjahr: 2010 Version 2.0 | Letzter Stand: 16.06.2010
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